Gymnasium am Römerkastell – 55543 Bad Kreuznach     /     16. – 18.02.2024     /  

Studienfahrt nach Weimar und zur Gedenkstätte Buchenwald

Das Fahrtenkonzept unserer Schule sieht für die Leistungskurse im Fach Deutsch eine freiwillige Studienfahrt nach Weimar vor. Neben kulturellen Aspekten schließt diese immer auch einen Besuch der Gedenkstätte Buchenwald sowie der dortigen Ausstellung ein. Im Mittelpunkt der Fahrt steht folglich immer die Frage nach dem Kontrast und auch den historischen Zusammenhängen zwischen der Hochkultur der Weimarer Klassik und dem Nationalsozialismus.

Vorbereitet wurde das Thema im Unterricht: Schon in den vorangehenden Schuljahren wurde z.B. in Reihen zu Schillers „Räubern“, zur Romantik oder Goethes „Faust“ auf das freiheitliche Gedankengut der Dichtergrößen eingegangen sowie dessen Nachwirkung und auch Instrumentalisierung zunächst durch nationale Strömungen im 19. und dann durch nationalsozialistische im 20. Jahrhundert thematisiert. Außerdem wurde in einer Reihe zum Schwerpunkt „Reflexion über Sprache“ über Victor Klemperers Gedanken über „Sprache im Dritten Reich“ und deren Gegenwartsbezug diskutiert.

Unmittelbar vor der Exkursion wurde ausgehend von Materialien aus dem Deutschbuch nicht nur das Menschenbild der Klassik intensiver betrachtet, sondern auch unter verschiedenen Perspektiven vorbereitend einerseits erörtert, wie es am gleichen Ort zur Errichtung des Arbeitslagers kommen konnte, und andererseits, ob bzw. welche Lehren daraus für die Zukunft zu ziehen sind.

Der Aufenthalt in Weimar selbst wurde durch einen von uns Lehrern gestalteten Standrundgang eingeleitet, bei dem ausdrücklich das buchstäbliche Nebeneinander der Wohnhäuser Schillers und Goethes mit durch den Nationalsozialismus belasteten Orten (Markplatz mit dem Rathaus und Hotel Elefant) im Mittelpunkt stand. Das Nationaldenkmal, dessen problematische Entstehungsgeschichte und Gestaltung im Unterricht besprochen worden waren, wurde besucht und auch die Geschichte des Bauhauses sowie dessen Vertreibung aus Weimar (und später Dessau) angesprochen. Abgeschlossen wurde das Programm des Anreisetages durch den Besuch des Goethehauses samt Nationalmuseum.

Der zweite Tag war vornehmlich dem Besuch der Gedenkstätte gewidmet, der dem üblichen Verlauf gefolgt ist: Die Gruppe hat sich zunächst den einführenden Dokumentarfilm, der durch die Aussage von Zeitzeugen geprägt ist und dadurch eine angemessene Vorbereitung und Einstimmung bietet, angesehen. Anschließend haben die Schüler*Innen in kleinen Gruppen eigenständig und mit individuell gewählten Schwerpunkten ca. zwei Stunden lang das Gelände – angeleitet von einem Multimedia-Guide (https://www.buchenwald.de/de/besuch/multimedia-guide) – erkundet. Zuletzt haben alle gemeinsam die Ausstellung „Buchenwald – Ausgrenzung und Gewalt 1937 bis 1945“ besucht.

Die so gewonnenen Eindrücke haben sehr individuelle und auch unterschiedliche Reaktionen ausgelöst, weshalb die Teilnehmer gebeten wurden, einen kurzen persönlichen Rückblick zu formulieren.

Im Mittelpunkt der gemeinsamen Anschlussgespräche stand deutlich nicht nur der erschütternde Rückblick auf das Geschehen, sondern auch die Frage danach, wie ähnliche Entwicklungen und Ereignisse in Zukunft verhindert werden können. Viele Fahrtteilnehmer dachten darüber nach, was sie persönlich im Alltag tun können, um rechtsradikalen, populistischen und nationalistischen Strömungen entgegen zu wirken. Einige haben sich in letzter Zeit bereits auf „Demos gegen rechts“ engagiert; doch genügt dies?

Im Fachunterricht eine Woche später ging es dann noch einmal um spezifischere Fragen, z.B. welche Auswirkungen es hat, dass die kanonischen Schullektüren einerseits immer seltener gelesen, aber andererseits wieder zunehmend von rechten Gruppierungen instrumentalisiert werden.

Endgültige Antworten auf all diese Fragen konnte die Gruppe selbstverständlich nicht finden, doch ein vertieftes Nachdenken und eine lebendige Diskussion hat der Gedenkstättenbesuch sehr wohl ausgelöst.

Den Samstag in Weimar hat die Gruppe nach einer angemessenen Reflexions- und Atempause im „Theater im Gewölbe“ mit einer Inszenierung unter dem Motto „Wie Goethe und Schiller zur Klassik kamen“ ausklingen lassen, die erneut kontrastive Eindrücke erzeugt hat.

Der Abschlusstag durfte individueller gestaltet werden, wobei jeder Teilnehmer jedoch mindestens eins der kulturellen, auf das Fach Deutsch abgestimmte Angebote wahrnehmen musste. So hat eine Teilgruppe sich für die Anna-Amalia-Bibliothek entschieden und dort sowohl den Barocksaal als auch eine Ausstellung zu „Cranachs Bilderfluten“ besucht, in welcher es zufälligerweise, aber durchaus passend um frühe Elemente von Bildpropaganda ging. Eine andere Gruppe hat das Wohnhaus Schillers erkundet. Einzelne sind am frühen Nachmittag zusätzlich in das Bauhaus-Museum gegangen, bevor ein Spaziergang durch den Park an der Ilm einen versöhnlichen Abschied aus Weimar ermöglichst hat.

Dr. Manuela Schotte